Tagblatt - Emotionen sind sein Geschäft
TAGBLATT | 04.01.2025
Auszug aus dem Artikel über die Swiss Diamond Vision GmbH® aus der Zeitung TAGBLATT:
Emotionen sind sein Geschäft: Fritz Walz stellt Diamanten her – aus Muttermilch, Brautsträussenund sogar Fäkalien
Was auch immer ihm die Menschen nach Goldach bringen: Solangees organisches Material ist, stellt Fritz Walz daraus künstliche Diamanten her. Der 77-Jährige bedient namhafte Kunden, hörttragische Geschichten und arbeitet an geheimen Projekten.
Judith Schönenberger
04.01.2025, 05.00 Uhr
Das Industriegebäude mit der beigen Fassade ist in die Jahre gekommen. Über die Autobahnbrücke in der Nähe donnern Lastwagen. Nichts deutet darauf hin, dass hier in der Blumenegg, im hintersten Winkel Goldachs,Diamanten entstehen. «Emotionsdiamanten» nennt sie Fritz Walz. Seit 2015 führt er mit seiner Frau Barbara die Swiss Diamond Vision GmbH.
Damals, mit 67 Jahren, hat Fritz Walz Emotionen zu seinem Geschäft gemacht. «Man könnte auch Hobbysagen.» Davor stellte der studierte Maschinenbauer und Physiker jahrzehntelang Diamanten für industrielle Zwecke her. Heute tragen die Frauen von arabischen Scheichs und Autofans seine Edelsteine. Das Besondere: Die Diamanten bestehen aus Material, mit dem Walz’Kundinnen und Kunden emotional verbunden sind.
40 Stunden für ein Karat
Einzige Bedingung: Das Material muss organisch sein. Denn damit ein Diamant im Labor entstehen kann, wird das Material in Grafit umgewandelt. Dieser wird zusammen mit Impfdiamanten in eine Diamantpresseeingesetzt. Dort braucht es 1600 Grad Celsius Hitze und einen Druck von 70’000 bar, damit ein Diamant wachsen kann. Zum Vergleich: Ein Autopneu hat einen Reifendruck von 2,5 bar.
Während natürliche Diamanten über Millionen Jahre entstehen, dauert das bei im Labor gewachsenen bedeutend weniger lang. «Für ein Karat wächst der Diamant 40 Stunden in der Presse», sagt Walz. Karat ist die Masseinheit für das Gewicht von Diamanten, ein Karat entspricht 0,2 Gramm. Die Pressen der SwissDiamond Vision GmbH stehen im Kanton Luzern und in Südkorea. Natürliche und im Labor gewachsene Diamanten sind chemisch, physikalisch und optisch identisch. «Ein Goldschmied kann den Unterschied nicht erkennen», sagt Walz. Das sei nur mit speziellen Geräten möglich.
Die Diamanten der Swiss Diamond Vision GmbH gibt es nahezu in allen Farben. Welche Farbe ein Edelstein erhält, kommt auf die Stoffzusammensetzung an: Ohne Stickstoff kommt der Diamant weiss aus der Presse, mit Stickstoff wird er gelb. Kommt beispielsweise Bor dazu, ist der Diamant blau.
Fussballklub, Jäger und Red Bull als Kunden
Als Rohstoff für die Diamanten kommt vieles infrage: Brautsträusse, Golfbälle, Pferdehaare, Muttermilch oder Rebenblätter. Zu jedem Material, zu jedem Diamanten weiss Walz eine Geschichte zu erzählen. Aus Gummibärchen hat der gebürtige Stuttgarter für seine Enkelin zur Konfirmation fünf Edelsteine hergestellt. Eine Frau will einen Diamanten aus Teilen des Computers, an dem ihr verstorbener Mann zuletzt gearbeitet hat. Für Jäger aus dem Bündnerland sind aus Geweihen Diamanten entstanden.
Wenn Walz über seine Arbeit spricht, fallen ab und zu bekannte Namen. Der Schweizer Autorennfahrer Sébastien Buemi bringe regelmässig Autoteile aus Karbon vorbei. Auch Firmen haben Walz’ Diamanten als aussergewöhnliche Geschenke für Mitarbeitende oder Kunden für sich entdeckt. Zum Beispiel der österreichische Getränkehersteller Red Bull. Den Zucker von dreizehn Dosen Flüssigkeit braucht es für einen roten 2-Karat-Diamanten.
Eine Schweizer Casinokette hat bei der Swiss DiamondVision GmbH Diamanten aus Spielkarten bestellt, ein Parfümhersteller lässt aus den Essenzen seines Parfums Edelsteine produzieren. Vor einigen Jahren erhielt die Firma von den Spielern des FC St.Gallen den Auftrag, für ihre Frauen grüne Diamanten aus dem Rasen und den Trikots herzustellen.
Momentan ist das Unternehmen daran, für einen deutschen Klub Eishockeypucks zu Edelsteinen zu verarbeiten. Gleichzeitig ist Walz an einem Projekt für Uhren eines deutschen Autoherstellers beteiligt. Um welchen es sich handelt, soll nicht in der Zeitung stehen. Aus Autositzleder stellt Walz Diamanten her, die in Uhrenarmbänder aus dem gleichen Leder eingearbeitet werden. Das Design sei patentiert.
Aus Kot wird Kunst
Die Kreativität von Walz’ Kundschaft scheint keine Grenzen zu kennen. Ab etwa 1000 Franken ist ein 1-Karat-«Emotionsdiamant» aus Goldach zu haben. Damit ist er rund zehnmal günstiger als ein natürlicher Diamant.
«Wenn möglich, machen wir aus allen organischen Materialien Emotionsdiamanten», sagt Walz. Das hat er mit seiner Zusammenarbeit mit dem Schweizer Künstler Christoph Büchel bewiesen. «Er kam zu uns und sagte, er wolle einen personifizierten Diamanten, also einen aus Körpermaterial.» Walz habe ihm Edelsteine aus Haaren vorgeschlagen, doch Büchel hatte anderes im Sinn: Fäkalien. «Wir wussten, das könnte positive Schlagzeilen für den Künstler geben, also haben wir diese Diamanten für ihn realisiert», sagt Walz. Büchel stellte seinen Kotdiamanten 2024 an der Biennale im Hause der Prada-Fondation in Venedig aus. Möglich gemacht hat es die Firma im über 300 Kilometer entfernten Goldach.